Denn wichtig ist in erster Linie, dass 2 + 2 so viel ergibt, wie es im aktuellen Zusammenhang gerade besser passt. Es ist deshalb nicht nur relevant, dass überhaupt 2 + 2 = 5 sein kann, sondern es ist auch entscheidend, dass bei dieser Addition geistig je nach Bedarf zwischen den Resultatwerten 4 oder 5 hin- und hergeschaltet werden kann.
Kennen wir das „Ministerium der Liebe“ und „Neusprech“ auch in der Schweiz? Heutzutage?
Ja, denn solche Verdrehungen und Verfremdungen, wie sie durch Orwell beschrieben wurden, werden immer wieder in der Kuschelrethorik, wie sie im Bereich des Familienrechts üblich ist, verwendet. Da bringt es der Gesetzgeber beispielsweise fertig, dem Elternteil ohne elterliche Sorge ein „Standard-Besuchsrecht“ einzuräumen, ohne es durchzusetzen.
Wenn Sie zwei von vierzehn Tagen ein „Besuchsrecht“ haben, bedeutet das Folgendes: Sie haben zwölf von vierzehn Tagen ein Kontaktverbot, welches strafrechtlich durchgesetzt wird (StGB, Art. 220, Entziehen von Minderjährigen), und an den übrigen zwei dieser vierzehn Tage haben Sie ein Besuchsrecht, welches von niemandem durchgesetzt wird. Also haben Sie gar kein Besuchsrecht sondern ein Kontaktverbot.
Einzig relevant ist: Entweder haben Sie die Erlaubnis der Mutter oder Sie haben sie nicht. Das sogenannte Besuchsrecht ist eine inhaltsleere, juristische Worthülse für ein Kontaktverbot zu den eigenen Kindern.
Oder, wie es die Vereinigung schweizerischer „Amtsvormundinnen“ (?) und Amtsvormunde auch schon formuliert hat (Zitat von Christoph Häfeli, Vordenker des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts, vom 29. August 2005): „Nach herrschender juristischer Lehre (BK-Hegnauer Art. 273, N 57 mit zahlreichen Hinweisen) handelt es sich beim Recht des nicht mit dem Kind zusammen lebenden Elternteils auf persönlichen Verkehr nicht wie lange Zeit ausschliesslich postuliert, lediglich um ein Persönlichkeitsrecht, sondern abgeleitet aus Art. 272 ZGB um ein Pflichtrecht. Das Recht des Kindes auf persönlichen Verkehr mit seinen Eltern ergibt sich als Reflexwirkung aus dem Pflichtrecht der Eltern.“
Alles klar?
Natürlich, denn: Wenn wir in Betracht ziehen, dass das Kontaktverbot, welches an zwölf von vierzehn Tagen gilt, an den übrigen zwei dieser vierzehn Tage einfach auf den inhaltsleeren Begriff „Besuchsrecht“ umgetauft wird, welcher aber kein „normales“ Recht bezeichnet, sondern eben ein „Pflichtrecht“ oder bei mütterlichem Bedarf auch ein „Verbot“, dann wundern wir uns nicht, dass an diesen zwei Tagen „Besuchsrecht“ nichts, aber auch gar nichts, funktioniert.
Weil das „Ministerium für Liebe“ den Unterschied zwischen Pflicht, Recht und Verbot sprachlich und inhaltlich ausgelöscht hat. „Doppeldenk“ lässt grüssen.
Google Tipps
Suchbegriffe: „Neusprech“, „Doppeldenk“ und „Pflichtrecht“.
Weitere Lesetipps
Schweizerisches Zivilgesetzbuch, Art. 273, Abs. 1 und im Gegensatz dazu Art. 275, Abs. 3, welcher die KESB dazu animiert, die Regelung des persönlichen Verkehrs zu verschleppen, wenn dies mütterlichen Bedürfnissen zuwiderläuft, um so das Kontaktverbot des Vaters auf legale Weise aufrechtzuerhalten.